2015/08/08
Ich habe mich gepusht und mit positiven Gedanken motiviert, 18 von 19 Posten ohne zu zögern angelaufen, auf den langen Routen meinen Plan konsequent in die Tat umgesetzt und als die Müdigkeit kam, versucht trotzdem dran zu bleiben. Ich hätte stolz auf mich sein können, denn es war ein hartes Rennen, eine richtig würdige WM-Langdistanz und ich habe meinen Job gemacht. Was aber blieb, war eine grosse Enttäuschung. Mit fast 14 Minuten Rückstand reihte ich mich auf dem 23. Rang ein und somit bei weitem nicht dort, wo ich gerne gelandet wäre. Das ist bitter, besonders da ich mir nicht erklären kann, wieso ich so viel Zeit verloren habe. War ich vom Tempo doch zu wenig am Limit unterwegs? So erschöpft wie ich mich im Ziel fühlte, habe ich aber schon alle Energie aufgebraucht. Ist meine physische Form schlechter, als ich gedacht hätte? Konnte ich nicht mit dem äusserst ruppigen Gelände umgehen? Oder war es einfach zu lang für mich? Andererseits habe ich im Juni am Langdistanz-Weltcup in Norwegen bewiesen, dass ich auch in einem kräfteraubendem Gelände in die top10 laufen kann. Dass es gerade an der WM nicht besser klappte ist bitter. Nachdem die erste Enttäuschung vorbei ist, hoffe ich wenigstens im Ansatz Antworten auf meine Fragen finden zu können. Vielleicht braucht es diese Erfahrung, um beim nächsten Mal stärker zurück zu kommen?
Link zum GPS
Auch wenn die Erlebnisse der Langdistanz prägend waren und erst einen Tag alt sind, sollte ich nicht vergessen, was sonst noch lief während dieser WM-Woche:
Es lief nämlich auch gut und die Schoggiseite des Sports zeigte sich mir im Sprintfinal vom vergangenen Sonntag. Ich hatte meine Nerven im Griff und sprintete trotz zwei kleinen Fehlern auf den 9. Platz. Mein Ziel für diese WM, ein top 10-Resultat, hatte ich somit bereits bei der ersten Chance erreicht. Mit dem werde ich mich aber nicht auf Dauer zufrieden, es gibt auf jeden Fall noch Luft nach oben, auf dieser Erfahrung lässt sich aber aufbauen. Fazit: Im Sprint bin ich auf dem richtigen Weg. Es machte einfach Spass, die Grenzen auszuloten und trotz hohem Tempo auf der Karte dabei zu sein, schnelle Entscheidungen zu treffen und am Schluss physisch bis ganz ans Limit zu gehen.
Und dann war dazwischen noch die Staffel. Ein richtiges Projekt, dass mir sehr wichtig war und mich im Vorfeld ziemlich nervös machte. Natürlich war es nicht die erste Staffel in meinem OL-Leben, auch nicht die erste auf internationalem Niveau, aber die erste WM-Staffel. Mit einer extra Portion Respekt und viel Vorfreude stand ich also am Start, bereit als Startläuferin den Wettkampf zu lancieren. Etwas mehr als 37 Minuten dauerte meine Premiere und danach wäre ich am liebsten gerade nochmals gestartet (gut etwas Pause hätte ich schon gebraucht, das Rennen war sehr schnell und ich sehr erschöpft im Ziel). Dieses Gefühl, etwas geschafft zu haben, sich der Herausforderung gestellt und die eigene Angst überwunden zu haben, war aber einfach cool! Ich will das wieder machen!



Nach so viel OL, angespannten Nerven und hundemüden Beinen brauche ich nun zuerst mal eine Woche Ferien. Dann geht’s weiter mit der Herbstsaison. Ehrlich gesagt, freue ich mich jetzt schon. Auch wenn die Langdistanz im Ziel bitter war, während dem Rennen war es einfach fantastisch. Dieser Lauf hat technisch und physisch eine super Herausforderung geboten und dies in einer atemberaubenden Landschaft. Falls ich es zwischendurch vergessen habe, weiss ich nun wieder, wieso ich OL mache.
Das Versprechen vom letzten Newseintrag wäre somit eingelöst.
Bilder: woc2015 Facebook-Seite, swiss orienteering/Remy Steinegger